Artikel zum Thema "Akutphase"

Kompetenznetz Schlaganfall: Akutphase

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Um den Schaden, den ein Schlaganfall im Gehirn verursacht, zu verringern und die Chancen auf eine komplette Wiederherstellung der Hirnfunktionen zu verbessern, ist es notwendig, dass die Diagnostik und Therapie so früh wie möglich beginnt.

Die Möglichkeiten der Behandlung hängen von der Art des Schlaganfalles ab. Der behandelnde Arzt muss die Behandlung individuell auf den Patienten abstimmen.

Folgende Therapiegrundsätze werden dabei beachtet:

Zur Akutbehandlung des Schlaganfalls kann neben einer internistischen Basistherapie eine intensivmedizinische Behandlung angezeigt sein, die vier Therapiegrundsätze verfolgt:

Vitalfunktionen

Die Atmung sollte einen ausreichenden Sauerstoffgehalt im Blut garantieren und der Blutdruck sowie der Blutzucker weder zu hoch noch zu niedrig eingestellt sein. Die Körpertemperatur sollte mit Wadenwickeln oder Medikamenten gesenkt werden, wenn der Patient Fieber bekommt.

Wiedereröffnung von Gefäßverschlüssen

Wenn der Schlaganfall durch ein Blutgerinnsel verursacht ist, welches ein Blutgefäß verstopft, kann dieses Gerinnsel in einigen Fällen mit einem Medikament aufgelöst werden. Das Medikament wird über ein Blutgefäß in den Blutstrom gespritzt. Diese Behandlung ist hochspezialisierten Kliniken wie z. B. Universitätskliniken vorbehalten.

Vermeidung eines erneuten Schlaganfalles

Ein Patient, der einen Schlaganfall erlitten hat, hat ein erhöhtes Risiko erneut einen Schlaganfall zu erleiden. Auch wenn der erste Schlaganfall nur gering war, kann die Schädigung durch einen folgenden Schlaganfall groß sein. Deshalb ist eine gründliche Untersuchung immer angeraten, um die möglichen Ursachen des Schlaganfalls herauszufinden. Manchmal wird der behandelnde Arzt dann ein Medikament empfehlen, das blutverdünnend wirkt, um einem weiteren Schlaganfall vorzubeugen.

Verringerung von Folgeschäden

Wenn das Gehirn infolge eines Schlaganfalls anschwillt und durch den Schädelknochen in dieser Schwellung behindert wird, kann es notwendig werden, ein Stück Knochen zu entfernen, um dem Gehirn Platz und Raum für eine weitere Ausdehnung zu geben. Der Knochen kann später wieder eingepflanzt werden. Manchmal können Patienten nach einem Schlaganfall auch Krampfanfälle bekommen, die schnell behandelt werden sollten.

Es gibt Krankenhäuser, die sich auf die Behandlung von Schlaganfällen spezialisiert haben. Diese haben meist eine sogenannte Stroke-Unit, eine Schlaganfall-Station.

Gründe, einen Patienten auf eine Stroke-Unit aufzunehmen, sind:

  • ein frischer Schlaganfall, der weniger als 24 h zurückliegt
  • eine zunehmende Verschlechterung des Zustandes des Patienten
  • instabile Vitalparameter mit Störungen des Blutdruckes, Herzrhythmus, der Körpertemperatur oder des Blutzuckerspiegels
  • die Möglichkeit eine Wiedereröffnung eines Gefäßverschlusses durchzuführen

Patienten, die so schwer betroffen sind, dass sie in ein Koma fallen oder beatmet werden müssen, sollten nicht auf einer Stroke-Unit, sondern auf einer Intensivstation behandelt werden.

(Quelle: www.kompetenznetz-schlaganfall.de)

Peggy Ehrlich

Wie sieht die Akutversorgung des Schlaganfalls aus?

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Der Schlaganfall ist prinzipiell eine behandelbare Erkrankung.Der Behandlungserfolg ist jedoch abhängig von der Zeit vom Einsetzen der Symptome bis zum Beginn der Therapie. Um alle verfügbaren Maßnahmen effektiv anwenden zu können, muss die Behandlung so früh wie möglich beginnen. Symptome - den Schlaganfall richtig erkennen.

Bei einem Schlaganfall kommt es zu einem plötzlichen Funktionsausfall eines Hirnareals. Dies äußert sich in schlagartig auftretenden Ausfallerscheinungen, die in Abhängigkeit von Größe und Lage der betroffenen Hirnregion stark variieren können. Typisch sind halbseitige Gefühlstörungen und Lähmungen, die entweder eine komplette Körperhälfte oder aber nur begrenzte Körperregionen betreffen (z.B. hängender Mundwinkel, Ungeschicklichkeit einer Hand, Nachziehen eines Beins). Weitere häufige Symptome sind Sprachstörungen, die entweder durch eine stockende Sprache oder durch Probleme im Sprachverständnis - Betroffene erscheinen oft verwirrt - auffallen. Oft werden dann auch falsche Worte benutzt. Störungen des Sprechens treten im Sinne von Artikulationsstörungen als undeutliche "verwaschene" Sprache in Erscheinung. Hiermit verbunden sind oft auch Schluckstörungen. Sehstörungen in Form von Doppelbildern oder Gesichtsfeldeinschränkungen können ebenso wie Schwindel, Koordinations- und Gangstörungen Ausdruck eines Schlaganfalls sein. Allen Symptomen gemeinsam ist das plötzliche -"schlagartige"- Auftreten, oft aus völligem Wohlbefinden heraus. Allerdings tritt bei einem Teil der Patienten der Schlaganfall im Schlaf auf, so dass die Patienten morgens mit den oben genannten Ausfallerscheinungen aufwachen.  Rettungskette - das ist bei einem Schlaganfall zu tun Wer oben genannte Symptome bei sich selbst oder einem Verwandten bzw. Bekannten feststellt, sollte immer an einen Schlaganfall denken und sofort den Notruf der Feuerwehr 112 alarmieren.

Dem Rettungsdienst sollten die Symptome kurz beschrieben und der genaue Zeitpunkt des Auftretens genannt werden. Zur Mitgabe ins Krankenhaus sollten die wichtigsten Vorerkrankungen, die regelmäßig einzunehmenden Medikamente sowie eine Telefonnummer der Angehörigen auf einem Zettel notiert werden. Bis zum Eintreffen des Rettungsteams sind Ersthilfemaßnahmen einzuleiten. Diese beinhalten eine gefahrlose Lagerung des Betroffenen, d.h. bei leichteren Symptomen im Sitzen, bei schweren Ausfällen stabile Seitenlage, sowie die Sorge für ausreichende Sauerstoffzufuhr, also die Lockerung beengender Kleidungsstücke, gegebenenfalls Entfernung von Zahnprothesen oder Erbrochenem. Auf keinen Fall sollten bereits zu Hause Medikamente gegeben werden, insbesondere keine Blutdrucksenker oder Blutverdünner. Dies kann im Einzelfall gravierende unerwünschte Auswirkungen haben.

Auch bei leichteren Ausfallerscheinungen ist davon abzuraten, mit dem eigenen Auto in die Klinik zu fahren oder zunächst den Hausarzt aufzusuchen. Hierdurch steigt das Unfallrisiko und es können kritische Zeitverluste eintreten. Die Feuerwehrleitzentrale koordiniert den Rettungseinsatz zweigleisig - ein Rettungswagen begibt sich unverzüglich an den Einsatzort, gleichzeitig wird das nächstgelegene Krankenhaus mit Schlaganfallzentrum informiert. So wird ein optimaler Ablauf der weiteren medizinischen Versorgung gewährleistet. Rettungsstelle - professionelle Erstversorgung in der Klinik In der Rettungsstelle wird der Patient mit frischem Schlaganfall durch das vorab informierte Personal direkt in Empfang genommen und weiterbehandelt. Die im Rettungswagen begonnene Monitorüberwachung von Kreislauf und Atmung wird fortgesetzt. Der Neurologe erfragt im Rahmen der Anamnese detailliert Beginn und Charakter der Beschwerden sowie bekannte Vorerkrankungen und Medikation. An die Befragung schließt sich die gezielte Untersuchung des Nervensystems an. Zudem erfolgen apparative Zusatzuntersuchungen. Es wird ein Venenzugang gelegt, Blut entnommen und ein EKG geschrieben. Die entscheidende Zusatzuntersuchung ist jedoch die Bildgebung des Gehirns mittels cerebraler Computertomographie (cCT). Mit dieser Untersuchungstechnik gelingt es eine Hirnblutung, die in etwa 20 Prozent der Schlaganfälle zu Grunde liegt, sicher auszuschließen. Das cCT bei einem Hirninfarkt, d.h. Schlaganfall durch Gefäßverschluss, ist hingegen üblicherweise in den ersten Stunden noch normal. Die hier zu erwartende Wassereinlagerung und Narbenbildung im betroffenen Hirngewebe kann meist erst nach ein bis zwei Tagen nachgewiesen werden. Die Verdachtsdiagnose Hirninfarkt kann jedoch auch bei normalem cCT anhand der typischen klinischen Erscheinungen mit hoher Treffsicherheit frühzeitig gestellt werden. Stroke Unit - Behandlung auf der Schlaganfallstation Nach Abschluss der Notfalldiagnostik erfolgt die weitere Behandlung auf einer spezialisierten Schlaganfallstation. Die Stroke Unit hat den Charakter einer Intensivüberwachungsstation. Entsprechend werden hier wichtige Lebensfunktionen wie Herztätigkeit, Blutdruck, Atmung, Blutzucker und Körpertemperatur engmaschig überwacht. Ziel ist eine möglichst optimale Einstellung dieser Parameter, um das Gehirn vor weiteren Schäden zu schützen.

Ist der Patient kurze Zeit (wenige Stunden!) nach Beginn behindernder Ausfallerscheinungen im Rahmen eines Hirninfarkts in die Klinik gekommen und sind eine Hirnblutung oder sonstige Gegenanzeigen ausgeschlossen, erfolgt die Lysetherapie. Hierbei wird über einen Venenzugang ein Medikament verabreicht, das ein Auflösen des gefäßverschließenden Blutgerinnsels ermöglicht. Mit dieser Behandlung ist die Aussicht, einen Hirninfarkt ohne Behinderung zu überstehen dreimal so hoch wie ohne Lysetherapie und es bleibt einem von sieben behandelten Patienten eine dauerhafte Behinderung erspart. Da diese Therapieform jedoch auch das Risiko unerwünschter Blutungen in sich birgt, muss jeder Einzelfall genau geprüft werden. Nur wenn alle Voraussetzungen zur Durchführung der Behandlung gegeben sind, kann das Risiko gering und der Nutzen hoch gehalten werden.

Alle Patienten mit einem Hirninfarkt erhalten zur Vorbeugung weiterer Gerinnselbildung Medikamente zur Blutverdünnung. Potentiell gefäßschädigende Parameter, wie erhöhter Blutdruck, erhöhte Blutzucker- und Blutfettwerte werden erfasst und möglichst optimal eingestellt. Eine weitere wichtige Aufgabe ist die Verhinderung von lebensbedrohlichen Komplikationen nach Schlaganfall - wie z. B. Lungenembolien, d. h. Verstopfungen von Blutgefäßen der Lunge oder Lungenentzündungen. Neben der medikamentösen Therapie beginnt auf der Stroke Unit mit dem ersten Tag auch die Behandlung der Behinderungen. Die Logopädie dient dabei der Diagnostik und Therapie von Sprach- und Schluckstörungen. Im Rahmen von Physio- und Ergotherapie sowie neuropsychologischer Therapie werden gestörte Bewegungsabläufe bei Lähmungen oder Koordinationsproblemen sowie Wahrnehmungsstörungen behandelt. Ziel dieser Bemühungen ist es, Folgeschäden zu verhindern und ein höchstmögliches Maß an Selbständigkeit wiederzuerlangen.

Parallel zur oben geschilderten Behandlung erfolgt die Ursachenforschung des Schlaganfalls. Zur üblichen Diagnostik gehören Ultraschalluntersuchungen der Hirngefäße zum Ausschluss von Ablagerungen oder Einengungen. Die Echokardiographie (Ultraschall des Herzens) dient dem Ausschluss von Herzerkrankungen und das Langzeit-EKG dem Ausschluss von Herzrhythmusstörungen (Vorhofflimmern), die Gerinnselbildung im Herzen begünstigen können. Je nach ermitteltem Risikoprofil wird nach Abschluss aller Untersuchungen ein individueller Therapieplan für die Langzeitprophylaxe erstellt.  

Autorin: Peggy Ehrlich, Fachärztin für Neurologie, Neurologische Klinik mit zertifizierter Stroke Unit  Vivantes Auguste-Viktoria-Klinikum

Prof. Dr. med. Darius G. Nabavi

Bildgebung beim akuten Schlaganfall

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Der Schlaganfall ist definiert als das plötzliche Auftreten einer umschriebenen Gehirnfunktionsstörung, die sich durch plötzliche Lähmung, Seh- oder Sprachstörung zeigt. Dabei können sowohl Hirninfarkte (85% aller Fälle) infolge plötzlichem Verschluss eines Blutgefäßes als auch Hirnblutungen (15% aller Fälle) infolge eines plötzlichen Einrisses einer Gehirnader zu einem Schlaganfall führen. Vor jeder spezifisch ausgerichteten Therapie muss somit zunächst eine sichere Unterscheidung zwischen diesen beiden, völlig unterschiedlichen Schlaganfallformen (Hirninfarkt - Hirnblutung) vorgenommen werden. Diese Unterscheidung stellt weiterhin die wesentliche und zentrale Aufgabe der sogenannten Bildgebung - oder Schnittbildgebung - beim akuten Schlaganfall dar. Die Bildgebung kann heutzutage allerdings wesentlich mehr leisten, was im Folgenden dargestellt werden soll. Im ersten Teil werden die beiden Techniken (CT, MRT) vorgestellt, im zweiten Teil wird auf die klinischen Anforderungen im Alltag eingegangen.

I. Verwendete bildgebende Techniken

Computertomographie (CT): Die Computertomographie beruht auf Röntgenstrahlen, die den Kopf zirkulär aus unterschiedlichen Richtungen durchlaufen. Anhand der unterschiedlichen Röntgendichtewerte können durch moderne Softwaretechnik zwei- und dreidimensionale Bilder von Kopf und Gehirn rekonstruiert werden. Durch ein Standard-CT kann bereits eine sichere Unterscheidung zwischen Hirninfarkt und Hirnblutung vorgenommen werden (s. Abb.1a unten). Durch Verwendung von Röntgenkontrastmitteln können moderne CT-Geräte auch die hirnversorgenden Arterien und Venen und damit den Ort des Gefäßverschlusses direkt darstellen. Dieses Verfahren wird CT-Angiographie (CTA) genannt (s. Abb. 1b unten). Anhand weiterer kontrastverstärkter Bilder kann seit einigen Jahren auch die Durchblutung im Hirngewebe selbst millimetergenau abgebildet werden. Diese Technik wird auch als CT-Perfusion (CTP) bezeichnet. Dadurch kann das Ausmaß der Durchblutungsstörung und deren Schwere erfasst werden (s. Abb. 1c unten). Aufgrund der breiten und raschen Verfügbarkeit stellt das CT das Standardverfahren für die notfallgemäße Gehirnbildgebung beim frischen Schlaganfall dar.

Magnetresonanztomographie (MRT): Diese bildgebende Technik, die auch als Kernspintomographie bezeichnet wird, basiert nicht auf Röntgenstrahlen, sondern auf sehr starken Magnetfeldern und elektromagnetischen Impulsen, die gezielt Wasserstoffatome im Körper anregen und auslenken. Durch wechselnde Impulse, die mit klopfenden Geräuschen einher gehen, können die verschiedenen Gewebearten im Körper mit sehr hoher Bildschärfe und Detailgenauigkeit dargestellt werden. Hinsichtlich der Auflösung ist das MRT dem CT eindeutig überlegen (s. Abb. 2a unten). Analog zur CT-Technik, können auch mittels MRT die Hirngefäße mit hoher Auflösung dargestellt werden. Dieses wird als MRT-Angiographie (MRA) bezeichnet (s. Abb. 2b unten). Schließlich kann auch die Gewebedurchblutung im Gehirn gemessen und bildlich dargestellt werden, was mit der Abkürzung MRT-PWI (engl.: perfusion-weighted imaging) bezeichnet wird (s. Abb. 2c unten). Eine bislang nur mittels MRT-Technik mögliche Bildgebung ist die direkte Darstellung des bereits zerstörten Hirngewebes, bereits wenige Minuten nach Auftreten des Hirninfarktes. Diese spezielle Technik misst die gestörte Diffusionsfähigkeit von Wasseratomen im Gehirn und wird deshalb MRT-DWI (engl.: diffusion-weighted imaging) genannt (s. Abb. 2d unten). Dadurch kann bereits im Frühstadium abgeschätzt werden, welcher Gewebeanteil bereits irreversibel zerstört und welcher gefährdet, aber noch rettbar ist. In den meisten Krankenhäusern ist die notfallmäßige Verfügbarkeit des MRT noch begrenzt, so dass diese Technik nur für spezielle Fragestellungen und Probleme notfallmäßig eingesetzt wird. Aufgrund der höheren Detaildarstellung wird das MRT allerdings für viele Patienten planmäßig eingesetzt, um die Gewebeverletzung und die Gefäßproblematik exakt zu erfassen.

II. Anforderungen an die Bildgebung des Gehirns  


Unterscheidung zwischen Hirninfarkt und Hirnblutung:

Diese Funktion stellt die Minimalanforderung dar, die bei jedem Schlaganfallpatienten erfüllt werden muss. Diese Unterscheidung ist sowohl mittels CT als auch mittels MRT zuverlässig möglich.

Darstellung der erkrankten hirnversorgenden Gefäße:

Durch CT-Angiographie (CTA) bzw. MRT-Angiographie (MRA) können Gefäßverengungen und -verschlüsse als Ursache von Hirninfarkten erfasst werden. Dies ermöglicht eine erste Einschätzung des Schlaganfallschweregrades und trägt zur Ursachenklärung bei. Manchmal weist das Muster der Hirngefäßbildgebung direkt auf die vorliegende Schlaganfallursache hin (z. B. Gefäßentzündung). Bei Vorliegen einer Hirnblutung können durch diese Verfahren beispielsweise Gefäßfehlbildungen als Blutungsursache identifiziert werden und die weitere Behandlung danach ausgesucht werden. Sowohl CTA als auch MRA werden nicht bei jedem Schlaganfallpatienten routinemäßig durchgeführt, sondern werden vor allem bei sehr schwer betroffenen Patienten und unklaren Situationen eingesetzt.

Direkte Abbildung der gestörten Gewebedurchblutung

Dieses Anforderungslevel verlangt die positive Darstellung der Durchblutungsstörung im Hirngewebe, um deren Lage und Ausdehnung zu erfassen. Dadurch kann die Schwere und Bedrohlichkeit des Insultes und das Einblutungsrisiko unter einer sogenannten Lysetherapie genauer eingeschätzt werden. Diese Verfahren (CTP, MRT-PI) werden noch vorwiegend in wissenschaftlichen klinischen Studien eingesetzt, um deren Bedeutung für die weitere Schlaganfallbehandlung zunächst besser zu charakterisieren. Außerhalb von Studien werden diese Verfahren in ausgewählten Fällen zur Beantwortung spezieller Fragestellungen eingesetzt. Das Verfahren ist noch nicht Bestandteil der klinischen Routine.

Abbildung des Risikoareals im Gehirn:

Dieses höchste Anforderungslevel der Bildgebung verlangt Aussagen zur Vitalität - und damit zur Überlebensfähigkeit - des akut erkrankten Hirngewebes. Durch Abgrenzung von (i) bereits zerstörten Gewebe von (ii) noch überlebensfähigem Gewebe kann eingeschätzt werden, wie hoch der mögliche Gewinn einer mitunter risikobehafteten Behandlung zur Wiedereröffnung der Hirnarterie (sog. Rekanalisationstherapie) ist. Es wird somit ein Größenvergleich vorgenommen zwischen dem durchblutungsgestörten (=ischämischen) Areal und dem bereits zerstörten Areal (s. Abb 3 unten). Je ausgeprägter die Größendifferenz zwischen Ischämieareal und Infarktareal, desto günstiger sind die Behandlungsaussichten. Im günstigen Fall ist der irreversible Infarkt noch wesentlich kleiner als das Areal mit gestörter Durchblutung (DWI < PI). Die Mehrzahl der Gehirnareale ist somit zwar unmittelbar vital bedroht, aber grundsätzlich noch rettbar. In diesem Fall besitzen Rekanalisationsbehandlungen große Aussicht auf Erfolg (Abb. 3 obere Bildreihe unten). Im ungünstigsten Fall sind sämtliche Areale des durchblutungsgestörten Hirngewebes bereits irreversibel zerstört, so dass eine aggressive Rekanalisationstherapie nicht mehr sinnvoll, sondern sogar schädlich ist (Abb. 3 untere Bildreihe unten). Dieses Abbildungsverfahren - auch als "Mismatch-Bildgebung" bezeichnet - basiert noch ausschließlich auf der MRT-Technologie, könnte künftig aber auch mittels CT möglich werden. Ziel der sehr viel versprechenden Mismatchbildgebung ist eine maßgeschneiderte Therapiegestaltung.  

Es konnte bereits gezeigt werden, dass anhand dieser neuen Technik Patienten identifiziert werden können, die auch noch 6 - 9 Stunden nach Schlaganfallbeginn von der Lysetherapie profitieren.

Autor:

Prof. Dr. med. Darius G. Nabavi, Chefarzt der Klinik für Neurologie mit Stroke UnitVivantes Klinikum Neukölln

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